Die sogenannten sozialen Medien haben augenscheinlich begonnen, unser Kommunikationsverhalten und unseren Medienkonsum nachhaltig zu verändern. Debatten werden scheinbar nur noch verkürzt dargestellt und geführt, die klassischen Informationskanäle zwischen Bürgern untereinander sowie zwischen Staat und Bürger sind ausgehebelt bzw. stark geschwächt und die objektive Informationsbeschaffung gestaltet sich zunehmend schwieriger. Fake News, populistische Inhalte und Hetze prägen den politischen Diskurs und verstärken Phänomene wie Menschenfeindlichkeit und Hass. Einige dieser Phänomene werden am gegenwärtigen Beispiel des Krieges in der Ukraine deutlich.
Gleichzeitig sieht z.B. der Philosoph Jürgen Habermas die Entstehung einer neuen politischen Öffentlichkeit durch die sozialen Medien voraus, oppositionelle Bewegungen in autoritären Staaten nutzen sie zur Organisation ihres Widerstands und Informationen können unmittelbar zugänglich gemacht werden, ohne eine vorherige Kontrolle durch Redaktionen oder Medienmacher. Jeder Mensch wird mehr und mehr zum Sender denn zum Empfänger eigener Inhalte. Die potenziell destruktive Rolle sozialer Medien für die liberale Demokratie ist mit der Wahl Donald Trumps in den Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt.
Soziale Medien hätten illiberale Werte einschließlich Rassismus, Frauenfeindlichkeit und Homophobie entfesselt und verstärkt. Russlands augenscheinliche Verwendung sozialer Medien zur Beeinflussung der US-Wahlen hat Internetplattformen wie Twitter den Ruf als neues, potentes und »aggressives Werkzeug der Außenpolitik« eingebracht.
Im Kontext des sogenannten Arabischen Frühlings, der 2011 im Nahen Osten und in Nordafrika entstand, sprachen Sozialwissenschaftler von Befreiungstechnologien und schrieben Facebook und Twitter einen demokratisierenden Effekt zu: Sie galten als Vehikel von Zivilgesellschaften für die Mobilisierung gegen autoritäre Herrscher und als Plattform, die politische Partizipation in bislang unerreichten Dimensionen ermöglichte.
Gleichzeitig haben autoritäre Machthaber und extremistische Gruppierungen vorgemacht, wie die sozialen Medien effektiv propagandistisch genutzt werden können.
Diese längst nicht erschöpfende Bestandsaufnahme zeigt, dass der Umgang mit den sozialen Medien und die daraus erwachsenden Folgen auch eine Herausforderung auf außen- und sicherheitspolitischer Ebene darstellen, die in Zukunft noch größer werden wird.
In diesem Seminar beleuchten wir daher ausgewählte Aspekte dieser Herausforderung und befassen uns mit den Konsequenzen in Gegenwart und Zukunft.
180,00 EUR im Doppelzimmer p. P.