Cicero spricht in seinem Zitat („Unter den Waffen schweigen die Gesetze“) von der Abwesenheit des Rechts unter Kriegsbedingungen. Dies zeugt davon, dass bereits in der Antike die Vorstellung von einem möglichen Widerspruch zwischen dem Versuch der Regelung einer bewaffneten zwischenstaatlichen Auseinandersetzung und dem menschenrechtlich gebotenen Schutz der Zivilbevölkerung existierte. Die Haager Landkriegsordnung von 1907 legte noch Regeln für die bewaffnete Auseinandersetzung zwischen als gleichrangig angesehenen Beteiligten fest, während die Genfer Konvention im Kern auf den Schutz von Unbeteiligten abstellte.
Mit dem neuzeitlichen Versuch der zunehmenden Verrechtlichung bewaffneter Konflikte und der gleichzeitigen Sanktionierung von Verstößen durch eine internationale Strafgerichtsbarkeit sehen sich Soldat*innen in konkreten Einsatzsituation zunehmend der Herausforderung gegenüber, dem Ideal eines sauberen Krieges gerecht werden zu wollen und zu müssen. Diese Herausforderung ist durch die zunehmende Anzahl an Auslandseinsätzen noch gewachsen, zumal sich die Soldat*innen dort oft mit einem Gegenüber konfrontiert sehen, das sich entsprechend der Logik der asymmetrischen Kriegsführung nicht an die gleichen rechtlichen und moralischen Grundvorstellungen gebunden fühlt.

In diesem Seminar wollen wir uns diesem Spannungsfeld annähern und ausgehend von einer kurzen Einführung anhand von Praxisbeispielen konkrete Situationen behandeln, in denen die eindeutige Rechtslage scheinbar an Klarheit verliert und die Beachtung des Humanitären Völkerrechts eine ethische und moralische Herausforderung darstellen könnte.